Fortschritt, der sowohl schnell genug ist, um bemerkt zu werden, als auch stabil genug, um über viele Generationen hinweg anzudauern, wurde bisher nur einmal in der Geschichte unserer Art erreicht. Er setzte ungefähr mit der Zeit der naturwissenschaftlichen Revolution ein und dauert bis heute an. Er brachte nicht nur Verbesserungen wissenschaftlichen Wissens, sondern auch der Technologie, politischer Institutionen, moralischer Werte, der Kunst sowie jeglicher anderer Aspekte der menschlichen Wohlfahrt.
Wann immer sich Fortschritt vollzog, gab es einflussreiche Denker, die leugneten, dass er echt oder wünschenswert sei oder dass das Konzept des Fortschritts überhaupt etwas bedeute. Sie hätten es besser wissen müssen. Es gibt in der Tat einen objektiven Unterschied zwischen einer falschen und einer wahren Erklärung, zwischen dem ständigen Scheitern daran, ein Problem zu lösen, und seiner Lösung, und ebenso zwischen unmoralisch und moralisch, hässlich und schön, Leid und seiner Linderung – und daher zwischen Stillstand und Fortschritt im weitesten Sinn.
In diesem Buch behaupte ich, dass jeder Fortschritt, sowohl theoretisch als auch praktisch, das Ergebnis einer einzigen menschlichen Tätigkeit ist: der Suche nach guten Erklärungen, wie ich sie nenne. Obwohl diese Suche etwas einzigartig Menschliches ist, ist ihre Wirksamkeit zugleich eine grundlegende Tatsache über die Realität auf der höchst unpersönlichen kosmischen Ebene – und zwar weil sie mit universellen Naturgesetzen übereinstimmt, die in der Tat gute Erklärungen sind. Dieser einfache Zusammenhang zwischen dem Kosmischen und dem Menschlichen ist ein Hinweis auf eine zentrale Stellung, die Personen auf der kosmischen Ebene einnehmen.
Muss der Fortschritt irgendwann aufhören – entweder durch eine Katastrophe oder in einer Art Vollendung –, oder ist er unbeschränkt? Die Antwort ist Letzteres. Diese Unbeschränktheit ist die ›Unendlichkeit‹ im Titel dieses Buchs. Um sie und die Bedingungen zu erklären, unter denen Fortschritt stattfinden oder auch nicht stattfinden kann, begeben wir uns auf eine Reise durch fast jedes grundlegende Gebiet der Naturwissenschaften und der Philosophie. Von jedem dieser Gebiete lernen wir, dass der Fortschritt, obwohl er kein notwendiges Ende hat, doch einen notwendigen Anfang nimmt: eine Ursache, ein Ereignis oder eine notwendige Bedingung, um losgetreten zu werden und zu gedeihen. Jeder dieser Anfänge ist ›der Anfang der Unendlichkeit‹ aus Sicht des jeweiligen Gebiets. Oberflächlich scheint es zwar, als hätten viele gar nichts miteinander zu tun, aber sie alle sind Facetten einer einzigen Eigenschaft der Realität, die ich den Anfang der Unendlichkeit nenne.
Mit bloßem Auge sieht das Universum jenseits unseres Sonnensystems wie ein paar Tausend glühende Flecken am Nachthimmel aus – dazu die schwachen, verschwommenen Streifen der Milchstraße. Wenn man jedoch einen Astronomen fragt, was sich dort draußen wirklich befindet, wird er einem nicht von Flecken oder Streifen erzählen, sondern von Sternen: Kugeln glühenden Gases, die Millionen von Kilometern im Durchmesser groß und Lichtjahre von uns entfernt sind. Er wird einem sagen, dass die Sonne ein gewöhnlicher Stern ist und nur deshalb anders aussieht als die anderen Sterne, weil wir ihr viel näher sind – aber doch ungefähr 150 Millionen Kilometer von ihr entfernt. Trotz dieser unvorstellbaren Entfernungen sind wir zuversichtlich, dass wir wissen, was die Sterne zum Leuchten bringt: Er wird einem sagen, dass sie von der Kernenergie angetrieben werden, die durch Transmutation freigegeben wird – also durch die Umwandlung eines Elements in ein anderes (hauptsächlich Wasserstoff in Helium).
Auf der Erde geschehen einige Transmutationen spontan beim Zerfall radioaktiver Elemente. Dies zeigten die Physiker Frederick Soddy und Ernest Rutherford zum ersten Mal im Jahre 1901, doch das Konzept hinter der Transmutation war schon damals uralt. Alchemisten hatten jahrhundertelang davon geträumt, ›unedle Metalle‹ wie Eisen oder Blei in Gold zu verwandeln. Da sie nie auch nur ansatzweise verstanden, wie sie dies erreichen könnten, taten sie es nie. Naturwissenschaftlern im 20. Jahrhundert gelang es jedoch, und Sterne tun es auch, wenn sie in einer Supernova explodieren. Unedle Metalle lassen sich sowohl von Sternen als auch von intelligenten Wesen, die die Antriebsvorgänge von Sternen verstehen, in Gold verwandeln, aber von nichts anderem im Universum.
Über die Milchstraße wird der Astronom einem sagen, dass sie das massereichste Objekt ist, das wir mit bloßem Auge sehen können, auch wenn sie unerheblich scheint: eine Galaxie, die aus Hunderten Milliarden Sternen besteht, die alle über Zehntausende Lichtjahre hinweg gravitationsgebunden sind. Wir sehen die Milchstraße von innen, weil wir ein Teil von ihr sind. Er wird einem sagen, dass es im Universum trotz der ruhigen Erscheinung des Nachthimmels von gewaltsamen Geschehnissen nur so wimmelt. Selbst ein gewöhnlicher Stern verwandelt pro Sekunde Millionen Tonnen von Masse in Energie, wobei jedes Gramm so viel Energie freigibt wie eine Atombombe. Er wird einem sagen, dass innerhalb der Reichweite unserer besten Teleskope, die mehr Galaxien sehen können, als es Sterne in unserer Milchstraße gibt, mehrere Supernova-Explosionen pro Sekunde stattfinden, von denen jede für einen Moment heller ist als alle anderen Sterne in ihrer Galaxie zusammen. Da wir nicht wissen, ob und wo Leben außerhalb unseres Sonnensystems existiert, wissen wir ebenso wenig, wie viele dieser Explosionen furchtbare Tragödien sind. Wir wissen jedoch, dass eine Supernova alle Planeten in ihrer Umlaufbahn verwüstet und damit auch alles Leben ausradiert, das es dort geben mag – jedwede intelligenten Wesen eingeschlossen, sofern sie mit ihrer Technologie der unseren nicht weit voraus sind. Allein die Neutrinostrahlung würde einen Menschen auf eine Entfernung von Milliarden von Kilometern töten, selbst wenn die gesamte Strecke aus einer Bleiabschirmung bestünde. Und doch verdanken wir unsere Existenz den Supernovae: Ihre Transmutationen sind die Quelle fast aller Elemente, aus denen unsere Körper und unser Planet bestehen.
Es gibt Phänomene, die Supernovae in den Schatten stellen. Im März 2008 erkannte ein in der Erdumlaufbahn befindliches Röntgenteleskop eine 7,5 Milliarden Lichtjahre entfernte Explosion, die als ›Gammastrahlenausbruch‹ bekannt ist. Diese Entfernung entspricht der halben Strecke durch das gesamte bekannte Weltall. Es war wahrscheinlich ein einziger Stern, der zu einem schwarzen Loch kollabiert ist – ein Objekt, dessen Gravitation so stark ist, dass selbst Licht nicht aus seinem Inneren entfliehen kann. Die Explosion an sich war heller als eine Million Supernovae und wäre selbst mit bloßem Auge von der Erde aus sichtbar gewesen – wenn auch nur schwach und nur für ein paar Sekunden, weswegen sie hier wahrscheinlich von niemandem gesehen wurde. Supernovae halten länger an: Normalerweise verblassen sie nach Monaten. Dies ermöglichte es Astronomen, einige von ihnen sogar vor der Erfindung des Teleskops in unserer Galaxie zu sehen.
Eine weitere Klasse kosmischer Monstren spielt in einer höheren Liga. Dabei handelt es sich um die intensiv leuchtenden Objekte, die als Quasare bekannt sind. Sie sind zwar zu weit entfernt, um sie mit bloßem Auge zu erkennen, können jedoch eine Supernova für Millionen Jahre in den Schatten stellen. Sie werden von massiven schwarzen Löchern, in die interstellares Gas fällt, mit Energie versorgt. In die hellsten Quasare stürzt alle paar Tage die Masse, die einem gewöhnlichen Stern entspricht. Gelegentlich werden ganze Sterne verschlungen, die dabei von Gezeitenkräften zerfetzt werden. Starke Magnetfelder leiten einen Teil der Gravitationsenergie in Form von Strahlen hochenergetischer Teilchen wieder hinaus, und diese Strahlen beleuchten das umgebende Gas mit der Kraft von einer Billion Sonnen.
Im Inneren des schwarzen Lochs (unter der Oberfläche, unter der man nicht entfliehen kann und die als ›Ereignishorizont‹ bekannt ist), wo das Raumzeitgefüge womöglich zerrissen wird, sind die Bedingungen noch extremer. All das geschieht in einem unermüdlich expandierenden Universum, das vor ungefähr vierzehn Milliarden Jahren mit einer allumfassenden Explosion begann, dem Urknall, der alle anderen Phänomene, die ich beschrieben habe, sanft und unbedeutend erscheinen lässt. Und dieses ganze Universum ist lediglich ein kleiner Teil einer enorm größeren Entität, des Multiversums, das eine riesige Zahl solcher Universen einschließt.
Die physische Welt ist nicht nur viel größer und brutaler, als sie früher einmal schien, sondern auch viel reicher an Details, Vielfalt und Ereignissen. Alles gehorcht dabei eleganten physikalischen Gesetzen, die wir bis zu einem gewissen Grade verstehen. Ich weiß nicht, was großartiger ist: die Phänomene selbst oder die Tatsache, dass wir so viel über sie wissen.
Woher wissen wir, was wir wissen? Eine der bemerkenswertesten Tatsachen über die Wissenschaft ist der Kontrast zwischen der enormen Reichweite sowie Kraft unserer besten Theorien und den unsicheren lokalen Mitteln, mit denen wir sie erschaffen. Kein Mensch war jemals an der Oberfläche eines Sterns, geschweige denn im Kern, wo die Transmutation stattfindet und Energie erzeugt wird. Und doch sehen wir diese kalten Flecken an unserem Himmel und wissen, dass wir die weiß glühenden Oberflächen weit entfernter Kernfusionskraftwerke betrachten. Physikalisch besteht diese Wahrnehmung aus nichts als der Reaktion unserer Gehirne auf elektrische Impulse unserer Augen, und Augen können nur das Licht erfassen, das sich zurzeit in ihnen befindet. Die Tatsache, dass das Licht aus sehr großer Entfernung und vor langer Zeit ausgestrahlt wurde und dass dort noch viel mehr passiert ist als nur die Ausstrahlung von Licht – nichts davon sehen wir. Wir wissen es nur aus der Theorie.
Wissenschaftliche Theorien sind Erklärungen: Aussagen darüber, was es da draußen gibt und wie es sich verhält. Woher stammen diese Theorien? Während des Großteils der Wissenschaftsgeschichte glaubte man fälschlicherweise, wir leiteten sie aus den Tatsachenmaterialien unserer Sinne ab. Dabei handelt es sich um eine philosophische Lehre, die als Empirismus bekannt ist:
Der Philosoph John Locke bemerkt zum Beispiel im Jahre 1689, der Verstand sei wie ›weißes Papier‹, auf das die Sinneswahrnehmungen schrieben, und darin liege die Quelle all unseres Wissens über die physische Welt. Eine weitere empiristische Metapher besagt, man könne Wissen aus dem ›Buch der Natur‹ ablesen, indem man Beobachtungen anstelle. In jedem Fall sei der Entdecker des Wissens sein passiver Empfänger, nicht sein Schöpfer.
Doch in Wirklichkeit werden wissenschaftliche Theorien von nichts ›abgeleitet‹. Wir lesen sie weder in der Natur, noch schreibt die Natur sie in uns hinein. Sie sind Mutmaßungen – kühne Vermutungen. Der menschliche Verstand erschafft sie, indem er bereits vorhandene Ideen mit der Absicht, sie zu verbessern, neu arrangiert, kombiniert, abändert und auf ihnen aufbaut. Bei der Geburt fangen wir nicht mit ›weißem Papier‹ an, sondern mit angeborenen Erwartungen und Absichten sowie einer innewohnenden Fähigkeit, sie durch Gedanken und Wahrnehmungen zu verbessern. Wahrnehmungen sind in der Wissenschaft zwar tatsächlich unerlässlich, aber ihre Rolle unterscheidet sich von der, die der Empirismus annimmt. Sie sind nicht die Quelle, aus der unsere Theorien abgeleitet werden, sondern ihr Hauptzweck ist der, zwischen bereits geratenen Theorien auszuwählen. Das genau bedeutet es, ›aus Erfahrungen zu lernen‹.
Dies wurde jedoch erst Mitte des 20. Jahrhunderts mit dem Werk des Philosophen Karl Popper richtig verstanden. Historisch gesehen war es also der Empirismus, der zuerst eine plausible Verteidigung der experimentellen Wissenschaft bot, wie wir sie heute kennen. Empiristische Philosophen kritisierten und lehnten traditionelle Wissensansätze wie die Achtung vor der Autorität heiliger Bücher und anderer alter Schriften ab, aber auch menschliche Autoritäten wie Priester und Akademiker sowie den Glauben an traditionelle Überlieferungen, Faustregeln und Hörensagen. Der Empirismus widersprach auch der gegensätzlichen und überraschend hartnäckigen Vorstellung, die Sinne seien kaum mehr als Fehlerquellen, die man ignorieren solle. Und er war optimistisch, da es im Gegensatz zum mittelalterlichen Fatalismus, wonach alles Bedeutende bereits bekannt war, darum ging, neues Wissen zu erlangen. Obwohl der Empirismus vollkommen falsch in der Frage lag, woher das wissenschaftliche Wissen stammt, stellte er also sowohl in der Wissenschaftsphilosophie als auch in der Wissenschaftsgeschichte einen großen Fortschritt dar. Dennoch blieb immer die Frage, die (freundliche wie auch unfreundliche) Skeptiker von Anfang an aufwarfen: Wie kann Wissen über das, was nicht wahrgenommen wurde, möglicherweise von dem, was wahrgenommen wurde, ›abgeleitet‹ werden? Welche Denkweise könnte wohl eine gültige Ableitung des einen vom anderen darstellen? Niemand würde erwarten, die Geografie des Mars auf eine Erdkarte zurückzuführen – warum sollten wir also erwarten, etwas über die Physik auf dem Mars anhand von auf der Erde angestellten Experimenten lernen zu können? Offensichtlich reicht eine logische Deduktion allein nicht aus, denn dabei klafft eine logische Lücke: Keine noch so umfangreiche Deduktion, angewandt auf Aussagen, die eine Menge von Wahrnehmungen beschreiben, kann zu einer Schlussfolgerung über irgendetwas anderes als diese Wahrnehmungen führen.
Die gängige Weisheit besagte, Wiederholung sei der Schlüssel: Wenn man unter ähnlichen Umständen wiederholt ähnliche Wahrnehmungen mache, dann solle man dieses Muster ›extrapolieren‹ oder ›verallgemeinern‹ und vorhersagen, dass es sich fortsetze. Warum erwarten wir zum Beispiel, dass die Sonne morgen früh aufgeht? Weil wir das – so lautet das Argument – in der Vergangenheit, wann immer wir in den Morgenhimmel blickten, so beobachtet haben. Davon ›leiten‹ wir angeblich die Theorie ab, dass wir unter ähnlichen Umständen immer die gleiche Wahrnehmung machen werden – oder wahrscheinlich machen werden. Jedes Mal, wenn diese Vorhersage eintrifft, und vorausgesetzt, sie versagt nie, soll sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie immer eintrifft, erhöhen. So erhält man angeblich immer verlässlicheres Wissen über die Zukunft aus der Vergangenheit und über das Allgemeine aus dem Besonderen. Diesen vermeintlichen Vorgang nannte man ›induktives Schließen‹ oder ›Induktion‹, und die Lehre, dass wissenschaftliche Theorien auf diese Weise gewonnen werden, nennt man Induktivismus. Um die logische Lücke zu schließen, stellen sich manche Induktivisten vor, es gebe ein Naturprinzip – das ›Induktionsprinzip‹ –, welches induktive Schlüsse wahrscheinlich mache. ›Die Zukunft wird der Vergangenheit ähneln‹ ist eine beliebte Version davon, und man könnte hinzufügen: ›Das Ferne ähnelt dem Nahen‹, ›Das Verborgene ähnelt dem Sichtbaren‹ und so weiter.
Doch es hat noch nie jemand geschafft, ein ›Induktionsprinzip‹ zu formulieren, das praktisch dazu dienen kann, wissenschaftliche Theorien anhand von Beobachtungen zu erlangen. Historisch gesehen hat sich die Kritik am Induktivismus auf dieses Versagen sowie auf die nicht zu schließende logische Lücke konzentriert – aber damit kommt der Induktivismus viel zu leicht davon, denn diese Kritik lässt die beiden schwerwiegendsten induktivistischen Formen von Irrglauben zu.
Erstens gibt der Induktivismus vor zu erklären, wie die Wissenschaft Vorhersagen über Wahrnehmungen macht, aber der Großteil unseres theoretischen Wissens nimmt einfach nicht diese Form an. Bei wissenschaftlichen Erklärungen geht es um die Wirklichkeit, die hauptsächlich nicht aus den Wahrnehmungen irgendeiner Person besteht. Die Astrophysik handelt nicht primär von uns (was wir sehen, wenn wir in den Himmel blicken), sondern davon, was Sterne sind: ihre Zusammensetzung und wieso sie leuchten, wie sie entstanden sind und nach welchen universellen physikalischen Gesetzen dies verlaufen ist. Der Großteil davon ist nie beobachtet worden: Niemand hat eine Milliarde Jahre oder ein Lichtjahr wahrgenommen; niemand hätte dem Urknall beiwohnen können; niemand wird jemals ein Naturgesetz anfassen – außer in seinem Verstand, mithilfe von Theorien. All unsere Vorhersagen darüber, wie Dinge aussehen werden, folgen aus Erklärungen, wie Dinge sind. Also scheitert der Induktivismus schon an der Frage, wie wir etwas über das Universum und die Sterne wissen können und wie wir Letztere von bloßen Flecken am Himmel unterscheiden.
Der zweite grundlegende induktivistische Irrglaube lautet, wissenschaftliche Theorien sagten vorher, dass ›die Zukunft der Vergangenheit ähnelt‹ und ›das Verborgene dem Sichtbaren ähnelt‹ und so weiter (oder dass es ihm ›wahrscheinlich‹ ähnelt). Doch in Wirklichkeit unterscheidet sich die Zukunft von der Vergangenheit, und das Verborgene unterscheidet sich völlig vom Sichtbaren. Die Wissenschaft sagt oft Phänomene voraus – und bewirkt sie –, die sich drastisch von dem unterscheiden, was vorher erlebt wurde. Jahrtausendelang träumte man vom Fliegen, erlebte aber nur das Fallen. Dann entdeckte man gute erklärende Theorien über das Fliegen, und anschließend flog man – in dieser Reihenfolge. Vor 1945 hatte noch kein Mensch jemals eine Kernspaltungsexplosion (also Atombombenexplosion) beobachtet; es hatte zu dem Zeitpunkt in der Geschichte des Universums vielleicht noch nie eine gegeben. Doch die erste derartige Explosion sowie die Bedingungen, unter denen sie stattfinden würde, waren genau vorhergesagt worden – jedoch nicht unter der Annahme, die Zukunft ähnele der Vergangenheit. Selbst den Sonnenaufgang – das Lieblingsbeispiel der Induktivisten – beobachtet man nicht immer alle 24 Stunden: Aus einer Erdumlaufbahn betrachtet könnte er beispielsweise alle neunzig Minuten oder auch gar nicht stattfinden. Und das war aus der Theorie bekannt, lange bevor überhaupt irgendjemand die Erde umkreiste ...